Was wir wollen

Lange Schreibnächte gibt es seit vielen Jahren an Hochschulen. Es kann sehr mühsam sein, eine Haus- oder Abschlussarbeit zu verfassen. Gemeinsames Schreiben hilft gegen Scham, Stress und Blockaden. Aus dem gleichen Grund kennt die Kunst zum Beispiel Literaturhäuser und Stipendienprogramme. 

Lange Schreibnächte müsste es also überall geben, wo Menschen schreiben. 
Seien wir ehrlich: Schreiben ist für uns alle ab und an schwer. 

Im Alltag sehen wir das kaum. 
Schreiben ist für uns aber meistens privat. Damit verschwinden auch alle Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, aus der Öffentlichkeit. Seit knapp 2 Jahren gibt es das Tiny AlphaHaus, eine mobile und gut einsehbare Schreibwerkstatt. Vielen Menschen ist es peinlich, wenn sie uns unverhofft öffentlich schreiben sehen. Als säßen wir gerade auf dem Klo. 

Warum wundern wir uns also, dass sich auch die rund 6,2 Millionen "funktionalen Analphabeten" in Deutschland meistens verstecken? Wenn Erwachsene lesen und schreiben lernen, beginnt das oft mit einer erschütternden Erfahrung: Viele fragen sich, woher die anderen Lernenden im Kurs kommen. Sie haben lange geglaubt, allein mit ihren Schwierigkeiten zu sein. Dass alle, wirklich alle anderen Menschen mühelos lesen und schreiben. Nur sie eben nicht. 

Eine Lange Nacht des aufgeschobenen Schreibens im Kiez hat also zwei Anliegen: 

  • Wir wollen einen bunten, lustigen, spannenden Abend mit Literatur, Austausch und bei Bedarf der Möglichkeit, gemeinsam etwas zu schaffen.
  • Wir wollen aber auch jenen etwas zeigen, die Schriftsprache vermeiden: Niemand ist allein und niemand muss alleine bleiben. Wir unterstützen ohne jedes Urteil.

© Claudia Parton
Redakteurin, Autorin, Kulturschaffende
Wilhelmstraße 135a
13595 Berlin